Nach wiederholter Kritik von Haus & Grund an der Verlängerung der Mietpreisbremse in Baden-Württemberg hat die Landesregierung einen Verordnungsentwurf mit neuen Daten zur Bestimmung der zukünftig unter die Mietpreisbremse fallenden Kommunen vorgelegt. Laut dem auf einem Rechtsgutachten basierende Verordnungstext fallen bestimmte Kommunen aus der Mietpreisbremse heraus (so zum Beispiel Mannheim und Konstanz), andere Kommunen kommen hinzu. Für die Landeshauptstadt ist das Ergebnis besonders unglücklich, denn diese erfüllt, wie viele weitere Kommunen, nur knapp die Kriterien sogenannter "angespannter Wohnungsmärkte".
verfasst von Marius Livschütz | 22.10.2025
Dies ist schon deswegen bemerkenswert, da tagein, tagaus in der veröffentlichten Meinung in einem geradezu unreflektierten Überbietungswettbewerb von "Mietexplosion" bis hin zur "historischen Wohnungsnot" die Rede ist. Dabei hat sich die Realität fundamental geändert.
"Die Mietpreisbremse ist – unabhängig von einer korrekten oder inkorrekten Identifizierung der Stadt Stuttgart als angespannter Wohnungsmarkt – generell kein zielführendes Instrument, um die Probleme eines solchen Marktes zu lösen. Im Gegenteil", erklären Haus & Grund-Vorsitzender Joachim Rudolf und Geschäftsführer Ulrich Wecker. "Zudem werden zur Identifizierung eines angespannten Wohnungsmarktes auch in der neuen Landesverordnung, die sich auf ein Gutachten des FUB-Instituts aus Hamburg stützt, kurzfristige Anpassungen im Wohnungsmarkt – in Stuttgart insbesondere durch die wirtschaftliche Entwicklung und die Stagnation bei der Anzahl der Haushalte – außer Acht gelassen." So könnten die Daten aus 2022 und 2023 die Mietpreisentwicklung des aktuellen Mietspiegels in Stuttgart gar nicht abbilden.
Forderungen für Stuttgart:
Die Mietpreisbremse in Stuttgart hat damit ihre Berechtigung verloren. Sollte an ihr festgehalten werden, so müsste der Geltungszeitraum einer Gebietskulisse auf 2 Jahre oder weniger festgelegt werden. Eine Aufweichung von Kriterien – um aus politischen Gründen mehr Gebiete unter die Mietpreisbremse zu fassen – wie das beispielsweise aktuell die Grünen fordern, lehnt Haus & Grund Stuttgart entschieden ab.
Hintergrund:
Der Gesetzgeber hat für den Eingriff in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit folgende, nach § 556d Absatz 2 Satz 3 BGB zur Bestimmung eines angespannten Wohnungsmarktes vorgeschlagenen Kriterien geschaffen, anhand derer die Landesregierung die Gebiete nach § 556d BGB bestimmen kann. Diese sind untenstehend für Stuttgart beispielhaft kommentiert:
Ein angespannter Wohnungsmarkt kann danach insbesondere vorliegen, wenn ...
... die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
Die Mieten in Stuttgart sind im neuen Mietspiegel mit einer nominellen Steigerung von gerade noch 1 % in zwei Jahren unterdurchschnittlich gestiegen. Ebenfalls sind die Mieten damit real sogar gesunken, wenn man die Inflationsrate dagegensetzt. Für das erste Halbjahr 2025 hat der Maklerverband IVD ein Nullwachstum ermittelt.
... die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
Die Stadt Stuttgart schreibt in ihrem Wohnungsmarktbericht 2025: „Im Allgemeinen wird eine Mietbelastung von 30 Prozent, also der Anteil der Mietkosten am Haushaltsnettoeinkommen, als angemessen betrachtet […] Die durchschnittliche Mietbelastungsquote der Stuttgarter Haushalte liegt bei 29 Prozent.“ Natürlich übersteigt die Mietkostenbelastung in Großstädten – wo es viel Infrastruktur und viele Arbeitsplätze gibt, immer den bundesweiten Durchschnitt. Dieses Kriterium ist deshalb für Großstädte nicht sinnvoll – da es bei diesen immer als erfüllt gelten wird.
... die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlich Wohnraum geschaffen wird,
Der Wohnungsmarktbericht 2025 der Stadt Stuttgart zeigt für den Zeitraum von 2015-2025 ein Wohnungsplus von 4,2% (+13.000 Wohnungen) wohingegen die Bevölkerung in Stuttgart nur um 1,2% gestiegen ist (+ 7033 Einwohner) und auch die Haushalte nur um 1,7% (+ 5360 Haushalte). Seit zehn Jahren verharrt Stuttgart bei etwas über 600.000 Einwohnern. Bis zu den Ergebnissen des Zensus ging die Stadt davon aus, dass die Bevölkerung auf rund 650.000 Einwohner bis 2030 anwachsen würde. In der Tendenz ist die Bevölkerungsentwicklung sogar eher rückläufig, sieht man sich die negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt an. Dieser hatte in der jüngeren Vergangenheit immer zu positiven Wanderungssalden geführt, der aber nunmehr mit atemberaubender Geschwindigkeit wegbricht. Eine Trendumkehr ist aktuell nicht in Sicht.
... geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.
Richtig ist, dass der Leerstand in Stuttgart auch nach den Zensuszahlen 2022 mit 3,46 Prozent weiter niedrig, aber nach den Kriterien für "angespannte Wohnungsmärkte" nicht "zu" niedrig ist. Im Entwurf der Landesverordnung selbst wird ein „geringer Leerstand“ wie folgt angenommen: „Ein geringer Leerstand wird in der Fachwissenschaft angenommen, wenn der Leerstand unter drei Prozent sinkt (Fluktuationsreserve). Eine große Nachfrage liegt vor, wenn diese Fluktuationsreserve von drei Prozent unterschritten wird.“ Dies ist somit für die Stadt Stuttgart nicht der Fall.
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