Am 25. Oktober fand zum 20. Mal der Tag des Eigentums von Haus & Grund Stuttgart in der Liederhalle statt mit 1100 Teilnehmern statt. Gastredner waren Peter Müller, ehemaliger Bundesverfassungsrichter und Ministerpräsident a.D. und EnBW-Vorstand Dirk Güsewell.
verfasst von Marius Livschütz | 28.10.2025
Joachim Rudolf, Vorsitzender von Haus & Grund Stuttgart führte in seiner Rede durch für Immobilieneigentümer wichtige Themen - Grundsteuer, Mietpreisbremse, Erbschaftssteuer und die Grunderwerbssteuer – die vor dem Hintergrund der bevorstehenden Landtagswahlen eine besondere Dringlichkeit ausstrahlen.
„Konkret fordern wir eine generelle Absenkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent und eine Steuerfreistellung junger Familien auf den Erwerb des ersten selbstgenutzten Wohneigentums“, so Rudolf. Finanzminister Bayaz verweigere sich einer Diskussion zu diesem Thema und Manuel Hagel, als aussichtsreicher Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten, werde man beim Wort nehmen – die Grunderwerbsteuer zu reduzieren und „besonders junge Familien beim Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum zu entlasten.“
Für Stuttgart ist die aktuelle Verlängerung der Mietpreisbremsenverordnung von besonderer Relevanz. Rudolf betonte, nehme „man aktuelle Trends bei wirtschaftlicher Lage, rückläufiger Bevölkerungsentwicklung, Bautätigkeit und stagnierender Mietenentwicklung hinzu, so müsste die Mietpreisbremse auch in der Stadt Stuttgart auslaufen“, und forderte, zukünftig aktuellere Daten und Trends in den Kriterienkatalog für den Geltungsbereich der Mietpreisbremse aufzunehmen und in der Anhörung der betroffenen Kommunen auch die Stadt Stuttgart zu berücksichtigen, „und nicht nur diejenigen, die knapp herausgefallen sind.“ Rudolf erneuerte seine Forderung und betonte: „Aus Sicht von Haus & Grund hat die Mietpreisbremse in Stuttgart ihre Berechtigung verloren. Sollte an ihr festgehalten werden, so müsste der Geltungszeitraum zumindest auf 2 Jahre beschränkt werden. Eine Aufweichung von Kriterien – um aus politischen Gründen mehr Gebiete unter die Mietpreisbremse zu fassen lehnt Haus & Grund Stuttgart hingegen entschieden ab.“
Erfreut zeigte sich der Vorsitzende, dass Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann nicht nur anwesend war, sondern auch Zahlen mitbrachte, auf die Immobilieneigentümer im Land lange gewartet hatten. So konnte Rudolf exklusiv berichten, dass „die Grundsteuerbelastung – die vormals pari pari zwischen Wohngrundstücken und Gewerbegrundstücken aufgeteilt war –sich nun deutlich zu Lasten des Wohnens verschiebt. „Wo es vormals 48% waren, trägt das Wohnen nun 60% der Grundsteuerlasten.“ Verkürzt wird das Wohnen in Stuttgart damit um rund 19 Mio. Euro teurer. Gleichzeitig betonte Rudolf, dass nicht die Stadt, sondern das Land verantwortlich sei für das Schlamassel bei der Grundsteuerreform: „Es ist völlig unverständlich, dass Finanzminister Bayaz es hinnimmt, dass die neue Grundsteuer das Wohnen deutlich verteuert und es ist schlicht inakzeptabel, dies weder aufklären noch ändern zu wollen.“
Rudolf beendete seine Rede mit positiven und zuversichtlichen Botschaften: „Wir sind hoffnungsvoll. Deshalb, weil wir an unsere Demokratie glauben. Weil wir überzeugt davon sind, dass unsere demokratischen Institutionen stabil genug sind, um jede noch so kontroverse Debatte auszuhalten. Und deshalb, weil wir es selbst in der Hand haben, für unsere Interessen zu kämpfen, zu überzeugen, Verbündete zu gewinnen. Denn wir sind viele. Auch im Mieterland Deutschland. Wir sind viele, die viel geschaffen und geschafft haben. Aus dem, was wir geschaffen haben, entstand einmal die Stadt Stuttgart. Aus dem Geschafften entstand Wohnraum für Eigentümer und für Mieter. Und wenn die Rahmenbedingungen sich verbessern, entsteht weiterer Wohnraum. Damit junge Menschen auch in Stuttgart ihren Traum vom Eigenheim wieder verwirklichen können.“
Vereinsvorsitzender Joachim Rudolf
EnBW-Vorstand Dirk Güsewell gab einen Überblick über die Aufgaben zur Erreichung der Ziele der Energiewende, über die großen Summen, die zu ihrer Erreichung aufgebracht werden müssen und Möglichkeiten, mit mehr Effizienz schneller und günstiger ans Ziel zu gelangen: „Die Energietransformation kann funktionieren, der Weg, den wir bis heute durchlaufen haben, war ein erfolgreicher und guter Weg.“ An einem anschaulichen Beispiel machte Güsewell deutlich, wie viel mehr Strom ein durchschnittlicher Einfamilienhaushalt in Zukunft benötigen wird, und zwar etwa das Doppelte.
Viel sei aber bereits in den letzten Jahrzehnten geschehen, um dem Mehrbedarf an Strom durch die Energietransformation zu begegnen. So sei der Anteil an erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 2005 bis 2024 um 428% gestiegen, der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch des Verkehrs im gleichen Zeitraum immerhin um 95%. Die energiebedingten Treibhausgasemissionen seien hingegen um 35% gesunken.
Güsewell machte auch deutlich, dass die Energietransformation gewaltige Investitionssummen (721 Mrd. Euro) bis 2030 erforderlich machen wird. Das sei knapp eineinhalbmal das Volumen des aktuellen Bundeshaushaltes. Um Digitalisierung, Elektromobilität, Wärmepumpen etc. mit Strom zu versorgen, müsse der Ausbau Erneuerbarer Energien weiter ambitioniert vorangetrieben werden. Ebenfalls gehe es um Versorgungssicherheit. Deshalb sei die EnBW sehr engagiert, und treibe den Bau regelbarer H2-ready-Gaskraftwerke voran. Diese sollen, so Güsewell, in Zukunft auf den CO-freien Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden können.
Für das Stuttgarter Stadtgebiet erklärte Güsewell, dass das Fernwärmenetz zukünftig ein wichtiger Energieträger sein werde; die EnBW sei hier sehr aktiv – auch bei den Nachverdichtungsmöglichkeiten bei bestehenden Leitungen. Ebenfalls stellte Güsewell die Vorteile von Applikationen für dynamische Stromtarife vor. So könne zum Beispiel vollautomatisch der beste und günstigste Ladezeitpunkt bspw. fürs E-Auto ausgewählt werden. Das führe sowohl für den Einzelnen zur Preisoptimierung und für das Netz zur Systemstabilisierung. Güsewell appellierte am Ende seines Vortrags aufgrund der in Deutschland häufig sehr emotional geführten Debatten: „Wir sollten zukünftig deutlich nüchterner, deutlich rationaler und aufs Ergebnis bezogen denken und diskutieren, um unsere Ziele zu erreichen.“
EnBW-Vorstand Dirk Güsewell
Peter Müller, Saarländischer Ministerpräsident a.D. und ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts hielt eine eindrückliche Rede zur Eigentumsfreiheit und den verfassungsrechtlichen und politischen Implikationen ihrer Einschränkung in Deutschland: „Die Eigentumsfreiheit ist ein zentrales Grundrecht unserer Verfassung. Durch das Bekenntnis zum Eigentum gibt das Grundgesetz gerade doch ein Wirtschaftssystem vor. Eigentums- und Freiheitsrechte passen nicht zur einer Zwangsverwaltungswirtschaft“.
Er führte aus, dass der Staat es sei, der es gut begründen müsse, wenn das Eigentumsrecht beschränkt werde. Es sei eben nicht der Eigentümer, der sich rechtfertigen müsse, wie er mit seinem Eigentum umgehe. „Eigentum ist ein Grundrecht und begründet Abwehrrechte gegen den Staat“, so Müller. Weiter machte Müller an Beispielen wie der Grundsteuer, der Grunderwerbssteuer und der Mietpreisbremse fest, dass die politische und gesellschaftliche Diskussion häufig auf dem Kopf stünde: „Eigentümer werden unter Generalverdacht gestellt. Ich glaube, das macht ein Grundproblem unserer Gesellschaft deutlich. Das Grundgesetz geht aus vom mündigen Bürger.“ Damit passe ein Staat, der jedes und alles Regelt, der die Menschen entmündigt nicht zusammen: „Von der Wiege bis zu Bare Formulare, Formulare, Formulare.“
Zur aktuellen Debatte über die Mietpreisbremse wurde Müller deutlich: „Ich kenne viele Untersuchungen, die sagen, dass die Mietpreisbremse nicht hilft, ihr Ziel der sozialen Durchmischung zu erreichen. Ich kenne keine Untersuchung, die zu einem anderen Ergebnis führt“, so Müller. Wenn man wisse, dass die Ziele nicht erreicht werden und das dazu führe, dass Wohnraum nicht mehr zu marktgerechten Preisen angeboten werden könne „dann werden zunehmend private Anbieter aussteigen. Am Ende steht genau das Gegenteil dessen, was man erreichen will. Verknappung des Angebotes, erhöhter Preisdruck. Das ist dann Ideologie.“
Es müsse ein Ende haben, dass Eigentümer, Mieter, Pächter, Verpächter, mit einem Wust von Regelungen konfrontiert seien, die die Eigeninitiative erstickt: Müller unterstich: „Dieser Staat hat aus dem Blick verloren, was er kann, und was er nicht kann!“ Da brauche es eine Rückkehr zum richtigen Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Müller appellierte an die Anwesenden, sich in der Demokratie hörbar zu positionieren. Man müsse für die Eigentumsfreiheit kämpfen. Das ginge nur, wenn aus der Mitte der Gesellschaft Druck aufgebaut würde: „Gut, dass es Haus & Grund gibt. Gut, dass es den Tag des Eigentums gibt, auf dem für die Eigentumsfreiheit getrommelt wird!“, schloss Müller seinen Vortrag ab.
Peter Müller, Saarländischer Ministerpräsident a.D. und ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts
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